Die Faszien - auch Bindegewebe genannt - sind der universelle Baustoff, welcher unseren ganzen Körper durchzieht, alle Organe & Muskeln von Kopf bis Fuss umhüllt und unserem Körper Form und Struktur gibt. Hier sorgen sie zum einen für eine Trennung der einzelnen Körperbestandteile, sodass keine Reibung entsteht. Zum anderen verbinden sie diese aber auch miteinander und ermöglicht so beispielsweise die Kraftübertragung vom einen auf den anderen Muskel. Die Faszien geben unserem Körper somit seine Form und halten ihn beweglich. Sie speichern Wasser und sind beteiligt an der Immunabwehr. Die Faszien haben auch einen grossen Einfluss auf die Geschmeidigkeit der Bewegungen, aber ebenso auf die Kraft, die Leistung und die Elastizität und damit auf unser Aussehen.
Faszientraining ist also Bindegewebstraining – Es bildet eine optimale Ergänzung, denn schliesslich ist das Bindegewebe der Halteapparat des gesamten Körpers. Das Ziel ist stets, verklebte Bindegewebsstrukturen zu lösen. Denn Faszien können Traumata und Emotionen speichern und so zu Verklebungen, Verspannungen und Schmerzen führen. Auch Verdrehungen und Verletzungen, zu wenig oder zu einseitige Bewegungen beeinträchtigen die Faszien.
Als Gewebe mit vielen Nervenrezeptoren kann es auch Schmerzen vermitteln. Wer zu viel Zeit im Sitzen verbringt, klagt oft über Verspannungen im Nacken und im Rücken. Diese Verspannungen resultieren aus verklebten Faszien. Negativ wirkt sich auch Stress aus. Besonders schädlich ist chronischer Stress; dann bleiben die Faszien permanent in Spannung. Somit ist klar; das Fasziengewebe ist keineswegs - wie man vor hundert Jahren meinte - totes Verpackungsmaterial, sondern ein verbindendes System, ein eigenständiges Sinnesorgan, verantwortlich für die Wahrnehmung und das Körperbewusstsein, das sich sogar auf das Immunsystem und die Psyche auswirkt.
Ein Übungsprogramm, das den Fokus auf isolierte, einzelne Muskelgruppen legt, ergibt aus Sicht der modernen Faszienforschung deshalb wenig Sinn. Erst die Ganzkörperübungen verfeinern das Zusammenspiel der an der Bewegung beteiligten Körperbereiche und aktivieren die Faszien. Das kann durchaus schmerzhaft sein – dann etwa, wenn Dehnungen lange gehalten und die lange Rückenfaszie (Lumbalfaszie) aktiviert wird. Gerade diese Faszie ist bei Bandscheiben- und Rückenproblemen betroffen. So vermag ein Faszientraining etwa Verhärtungen im Muskel zu lösen und zu straffes Sehnengewebe wieder weicher zu machen. Blutgefässe werden erweitert und durchlässiger. Zudem drückt die Dehnung das Wasser aus dem Gewebe. Bis sich langanhaltende Effekte einstellen, dauert es allerdings mehrere Monate, weil sich das Gewebe sehr langsam erneuert.
Aus all diesen Darlegungen ist es für mich ein Muss, Faszientraining im Bewegungsunterricht einfliessen zu lassen. Im Sinne von Feel the Balance kommt die körperliche Ausgewogenheit aber erst zum Zug, wenn alle Aspekte trainiert werden. Dehnen, Schwingen, Spüren (Körperwahrnehmung), Kräftigen (sowohl exzentrisch, wie auch konzentrisch) und Druckmassage - das sind die Bestandteile des Bindegewebe-Trainings, die ich regelmässig in meinen Bewegungskursen einfliessen lasse.